Doris Salcedo

Doris Salcedo (*1958)  wurde 2019 der erste Possehl-Preis für Internationale Kunst verliehen. Die international renommierte Künstlerin beschäftigt sich in Objekten, Skulpturen und großen ortsspezifischen Installationen mit den Auswirkungen von Gewalt und Ausgrenzung in ihrer Heimat Kolumbien und anderen Regionen der Welt. Salcedo findet, so die international besetzte Jury, „für politische Herrschaftssysteme, Rassismus und systematische Ungleichbehandlungen poetische Bilder“, und ihr Werk sei „von höchster Relevanz für unsere Gegenwart.“  Die Auszeichnung wurde ihr im September 2019 in der Lübecker Kunsthalle St. Annen im Rahmen der Eröffnung der Ausstellung TABULA RASA – ihrer ersten Einzelausstellung in Deutschland – verliehen. Kurz danach erhielt sie den höchstdotierten Preis der Welt für zeitgenössische bildende Kunst, den Nomura Art Award.


Fragile Kunst gegen das Vergessen

Istanbul, 2003

Wo Andere sich abwenden, beginnt Salcedos Arbeit: Mit großer Sensibilität thematisiert sie in ihren Skulpturen und Installationen die tragischen Folgen von Gewalt als Konsequenz politischer und ökonomischer Herrschaftsansprüche und führt dabei den Betrachter auf die emotionale Ebene der Opfer und ihrer Angehörigen. Der seit fünf Jahrzehnten währende, bürgerkriegsähnliche Konflikt in ihrer Heimat Kolumbien ist Ausgangspunkt zahlreicher Projekte Salcedos, so verfremdet sie in „La Casa Viuda“ (1992-1995) Vertrautes aus dem häuslichen Alltag (wie Möbel oder Kleidungstücke) und schafft der Trauer um geliebte Menschen sowie um den Verlust der Heimat einen Raum. Auf der 8. Biennale in Istanbul (2003) stapelt sie, in einem einst von Angehörigen der griechischen und jüdischen Minderheit bewohnten Stadtviertel, 1.500 gebrauchte Stühle in einem engen Spalt zwischen zwei Häusern. Den Umgang Europas mit MigrantInnen nimmt sie 2007 in „Shibboleth“ (Tate Modern, London) in den Blick und hinterfragt mit einem langen und tiefen Riss im Betonboden der Turbinenhalle die Abschottungs- und Ausgrenzungsmechanismen der sogenannten ,ersten Welt'. Werke wie „A Flor de Piel“ (2011-2012), ein großes Tuch aus konservierten und filigran miteinander vernähten Rosenblättern, und „Plegaria Muda“ (2008-2010), übereinander gestapelte Holztische, aus denen feine Grashalme wachsen, rufen Stärke, Schönheit und Fragilität des Lebens in den Sinn und erinnern zugleich an die traurigen Schicksale einzelner Menschen.

Salcedo arbeitet nicht nur in künstlerischer Hinsicht äußerst umfassend und präzise, sondern auch im Hinblick auf die praktische Umsetzung ihrer Projekte, so bindet sie z.B. Opfer von Gewalt in die Erstellung ihrer Werke ein und verleiht ihnen dadurch eine Stimme. Die Künstlerin lebt in Bogotá, wo sie 2019 ein „Anti-Monument“ aus einem Teil der rund 13.000 von den FARC-Rebellen abgegebenen Waffen erschaffen hat. Eingeschmolzen und bearbeitet, dienen diese nun als Bodenplatten für ein neues Museum im Zentrum der Stadt, als Ort der Reflexion der langen Jahre gewalttätiger Konflikte in Kolumbien.

Als erstes Museum in Deutschland gab die Kunsthalle St. Annen mit der Ausstellung TABULA RASA einen umfassenden Einblick in die Arbeit der Künstlerin:

Doris Salcedo TABULA RASA_Foto: Fred Dott"Tabula Rasa I-IV" (2018)

Doris Salcedo THOU-LESS_Photo by Fred Dott"Thou-less" (2001-2002)
Doris Salcedo PLEGARIA MUDA_Photo by Fred Dott"Plegaria Muda" (2008-2010)

Doris Salcedo A FLOR DE PIEL_Photo by Fred Dott"A Flor de Piel II" (2013-2014)

Doris Salcedo DISREMEMBERED_Photo by Fred Dott"Disremembered IX" (2017)

Weitere Fotos finden Sie hier: FOTOGALERIE "AUSSTELLUNG DORIS SALCEDO"


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