Wortgemenge

Das Gute und das Schöne


Am Rande einer kleinen Stadt, dort wo sich Häuser aneinander-und Flüsse ineinander schmiegen, begegneten sich eines hellen Tages zwei eindrucksvolle Gestalten. Beide waren von so gewaltiger Erscheinung, dass die Menschen um sie herum voller Staunen zurückwichen.

Tuschelnd und neugierig beobachteten sie, wie die zwei sich näherten.
Diese waren sich nie zuvor über den Weg gelaufen und fühlten das starke Verlangen, den jeweils anderen kennenzulernen. Unter einer prächtigen Kastanie, deren Blätter im Wind sacht hin-und her schwankten, setzten sie sich.


„Wer bist du?“ „Ich bin…das Schöne.“ „Und woher kommst du?“ „Von einer guten Freundin, der Freude. Dort bin ich häufig. Wir scheinen auf irgendeine Weise zusammenzugehören. Oft zieht es uns mit aller Macht zueinander, als würden wir anders gar nicht sein können. Alleine fühle ich mich leer, wie eine bloße Hülle ohne Inhalt. Dann denke ich seufzend, wie nutzlos ich eigentlich bin.“


„Oh nein, Unrecht hast du! Stell dir eine Welt ohne das Schöne vor. Wie grau, trüb und ohne Hoffnung sie doch wäre! Ich versichere dir von ganzem Herzen, dass du ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens bist. Ohne dich würde den Menschen auf der Straße das Lächeln aus dem Gesicht fallen. Ihre Seelen könnten keinen Frieden finden und ihre ständig ratternden Köpfe nicht einen Moment zur Ruhe kommen. Du kommst mir wundervoll vor und ich bin stolz darauf, dich endlich selbst kennenlernen zu dürfen.“

Diese Worte trafen das Schöne tief und es erstrahlte noch eine Nuance prächtiger-falls das überhaupt möglich war.


„Oh, vielen Dank! Doch sag: Wer bist du und was führt dich hierher?“ „Ich bin das Gute und auf der Suche nach Menschen, die mich brauchen. Manchmal werde ich gerufen, um jemanden von Unglück oder Traurigkeit zu befreien-aber das kommt nicht sehr oft vor. Die meisten wissen gar nicht genau, wer ich bin.“ „Ja, das kenne ich! Wie oft ich auf mein Äußeres reduziert werde…Oder auf all die grellen Interpretationen von mir, die in der Welt umher schwirren. Dabei bin ich im Kern meiner Selbst viel tiefgründiger und gleichzeitig viel schlichter als viele meinen. Doch zurück zu dir. Wer bist du denn, wenn dich so viele nicht erkennen?“


„Ach… Manchmal frage ich mich das auch. Meine wahre Bedeutung scheint mehr und mehr zu verschwimmen, für Missbräuchliches ausgenutzt oder verfälscht zu werden. Wie viele Kriege schon in meinem Name ausgerufen wurden, wie viel Leid ich schon verursachte! Dabei bin ich etwas ganz und gar ursprüngliches, gleich von Geburt fest im Menschen verankert. Nur greifen kann mich niemand so richtig. Die bedeutendsten Denker sind über mir verzweifelt! Dabei müssten die Menschen doch nur einander und ihrem Herzen zuhören, um zu verstehen, wer ich bin. Oder besser, wer ich für sie bin.“


„Das klingt mir, ehrlich gesprochen, ebenfalls ziemlich einsam…“ „Zum Glück habe auch ich einen Freund, der mich treu begleitet: Es ist der Sinn. Wenn Menschen ihn gefunden haben, dann bin auch ich nicht fern. Dann kann ich Menschen im Innersten zufrieden machen und in Einklang mit sich selbst bringen. Als wäre alles ganz plötzlich an seinem Platz. Alles wird irgendwie richtig.“
„Was du bewirken kannst, kommt mir sehr mächtig vor. Als würdest du ein inneres Feuer entfachen, welches die Menschen nährt und sie an ihre Aufgabe im großen Weltgefüge erinnert. Das gefällt mir sehr.“

„Und jetzt stell dir mal vor, sie würden in ihrem Dasein nicht nur den Sinn oder mich sehen, sondern auch dich, das Schöne! Wie vollkommen wäre das Glück in ihnen! Wie viel friedlicher wäre die Welt! Welch ein Glück, dass wir einander trafen. Nun können wir gemeinsam mit all unseren Freunden weiterziehen und dem Leben, ja jedem einzelnen Augenblick, seine Bedeutung zurückgeben. Seine Bedeutung und seinen Wert.“


Und so kam es, dass das Gute und das Schöne fortan viele Stunden miteinander verbrachten. Sie bewirkten Großes und begannen damit an jenem Ort, an dem sie sich kennenlernten. Dem Ort der sieben Türme. In Lübeck.

Text: Frederike

Gut und schön?

Es gibt viele schöne Dinge und viele gute Taten, viele Geschichten von tapferen Rittern die das Gute in die Welt tragen... und natürlich gibt es auch schöne und gute Wörter um all das zu beschreiben.

Paradoxerweise zählen ausgerechnet die Wörter „gut“ und „schön“ nicht dazu... und doch gefallen sie mir. In ihrer Einsilbigkeit wirken sie wortkarg und pragmatisch, in ihrem Klang hart. In der Poesie lernt man schnell, sie durch gesprächigere Wörter zu ersetzen und verbannt sie in die stille Ecke der „Überbegriffe“. Und doch schwingen sie in jedem ihrer Synonyme mit. „Gut“ und „schön“ sind allgemeine Wörter. Nutzt man sie, so taucht nicht direkt ein Bild oder ein Gefühl auf. Anders als „dritthimmelverzückend“ sind sie durch den häufigen Gebrauch ausgeleiert und verwaschen. Und doch, nein, vielmehr genau deswegen scheint man freier zu sein. Freier in der Wahl der Themen und ihrer Bewertung. 

Nicht zuletzt deshalb fällt es mir schwer zu beschreiben, was ich schön finde. Aber es gibt noch mehr Gründe. Zum einen weiß ich oft gar nicht so genau, ob mir etwas wirklich und wahrhaftig gefällt, zum anderen kommen mir dabei immer Ideale in den Sinn. Beschreibungen von Dingen, die man gewöhnlich schön findet – die man schön zu finden hat, wenn man nicht als geschmack- und/oder herzlos gelten möchte. Aber sobald ich beginne, mich von diesen Vorgaben zu trennen und ernsthaft zu überlegen, entgleitet mir die Bedeutung und der Begriff verschwimmt. Ehrlichkeit drängt sich dazwischen und zeigt, dass es nicht immer nur schwarz und weiß gibt. Ich finde ein Straßenfest wunderschön – mit all den Menschen, die vorbeiziehen und eine ausgelassene Stimmung mit sich bringen, die selbst in die kleinen Gässchen und Seitenstraßen vordringt - aber gleichzeitig macht die Enge mich nervös und die Lautstärke strengt mich an. Kurz danach finde ich es schön, still dazuliegen und einfach nur zu atmen. An Tagen, die anders verlaufen, würde mich das Nichtstun frustrieren. 

Es wäre eine Lüge zu sagen, dass genau diese kleinen Brüche die Erlebnisse schön machen, aber sie gehören nun mal dazu. Genauso wie es dazugehört, dass man Situationen erst im Nachhinein wirklich genießen kann, wenn die Wahrheit darin schon längst entflohen ist.

 

 Text: Kathrin

 

spontanes Gedicht vom 18. Mai 2019

Ich komme später als der Rest. Fast tut es mir ein bisschen
und dann auch noch das mit dem
Bus eigentlich war das zu erwarten
Eine zurückgewiesene
Witwe, die nichts Besseres zu tun hat als eine
Namensliste all derer zu führen, die schon einmal in den Himmel
gestarrt haben.
Ein bisschen
total unsinnig aber irgendwie auch poetisch
Meine poesie erhält ein Kompliment und noch eins und
die von jemand anderem auch
langsam aber sicher wird es ruhiger, ich fühle mich nicht wohler
aber das tippen hilft
ich lausche ein bisschen umgebung von menschen
die mindestens doppelt so alt
sind wie ich
blitz. und schon bin ich fotografiert. mir gefällt der
Gedanke
sonst nicht aber heute lasse ich die geräusche
wie Wellen über meinem Kopf zusammen schlagen
wie wäre wie ist wie sind und waren die dinge bevor sie anders
waren
wenn waren da schon das Wort wäre
das welches uns alle
gleichermaßen fasziniert und doch nichts als ein
wunschtraum ist in all seine unmöglichen einfach sein
denn gleichermaßen unberührt sind wir doch alle vom
wort und bis ich ihm mit diesen zeilen mehr gedanken wittme
und schon nicht mehr ganz stumpf klingt

Happy Birthday, Possehl-Stiftung! 

Eine Menschenmenge mit offenen, fröhlichen Gesichtern. Viele Kleider, Anzüge und hohe Schuhe - es wird etwas gefeiert. Angeregte Stimmen, das Klirren von Sektgläsern und ab und zu ein Lachen sind zu hören. Jetzt Schwenk zur Seite. Edle Marmor-treppen lassen den Ort des Ge-schehens erkennen: das Stadttheater Lübeck. Schnitt.

 Nahaufnahme eines Mannes mit einem  Regenschirm in der Hand. Er sagt: „Gut ist, dass sich in Lübeck viele Menschen engagieren und gemeinsam Projekte voran bringen.“ Langsames Ausblenden, gleichzeitig Einblenden der Theaterbühne des Großen Hauses. Die Ränge sind voller Menschen, auf der Bühne steht ein Mann in hellem Anzug: „Dieses Fest ist auch zu Ehren Emil Possehl.  Aber vor allem ist es für euch, die Antragssteller!“  Klatschen.

Dann blitzlichtartig hintereinander auf der Bühne zu sehen: Drei junge Frauen in hellen Kleidern, die voller Leidenschaft mit ihren Bögen über Cellos streichen; ein Mann vor einer Leinwand auf der ein sehr müder Junge und ein Wecker projiziert sind, der Mann sagt: „Das ist Emil und seine innere Uhr steht noch auf tiefer Nacht.“; ein älteres Ehepaar ebenfalls vor der Leinwand, auf der nun Bilder einer halb verfallenen Ruine und daneben einer beeindruckenden Restauration des Gebäudes zu erkennen sind und zuletzt ein Mann in Pelzjacke, der auf einem xylophonähnlichem Instrument ganz aus Eis spielt. Schnitt.

Die Bühne jetzt von hinten mit Blick auf die gefüllten Tribünen. Max Schön, Vorstandsvorsitzender der Possehl Stiftung, betritt mit dramatischem Ernst die Bühne, beugt sich zum Mikrophon, wartet und sagt dann nur ein Wort: „Danke.“ Erneutes Klatschen, das sich mit einer fröhlichen Hintergrundmusik vermischt. Schnitt.

Zwei Jugendliche mit „Poesie-Laden“ Schürzen die vor einem Fahrrad stehen, beladen mit Gläsern voller Zettelchen. Sie sprechen mit einer Frau, die kurz darauf einen der Zettel zieht, ihn liest und lächelt. Schnitt. Eine Frau mit Hut und Akkordeon. Daneben ein geigespielender Mann, die Frau singt Französisch. Schnitt. Der Hinter-hof des Theaters von oben mit bunten Lichterketten und einer Band, die Musik spielt. Schnitt. Ein Schild mit der Aufschrift : „Rede mit einem Unbekannten über das Schöne“. Schnitt. Drei Tänzerinnen, verschlungen in ein großes Tuch. Schnitt.  Eine lächelnde Frau, die etwas zu Essen über eine Theke reicht… Alle Szenen jetzt nur noch daumengroß nebeneinander, es entsteht ein Mosaik vieler kleiner Aufnahmen. Davor erscheint ein Schriftzug:

EMIL100

Und darunter etwas kleiner:


Die Possehl-Stiftung sagt Danke!

 So in etwa könnte ein „Aftervideo“ der Geburtstagsfeier der Possehl Stiftung aussehen. Am 18. Mai lud sie anlässlich des  100 jährigen Bestehens Antragsteller*innen ein, um gemeinsam zu feiern, wofür sich alle auf unterschiedlichste Weise eingesetzt hatten: Das Gute und Schöne in Lübeck zu fördern.

Text: Frederike

 

Vorstellung des Buches „Possehl“ (Axel Schildt)

 Wir hatten die Chance, bei der Vorstellung des Buches "Possehl" am achten Mai in der Gemeinnützigen dabei zu sein. Ich war anfangs sehr skeptisch, besonders, was die Atmosphäre anging, wurde diesbezüglich jedoch überaus positiv überrascht. Bald nach Anfang der Veranstaltung wurden auch meine weiteren Zweifel zerstreut.

Den Anfang machte Max Schön, der Vorstandsvorsitzende der Emil-Possehl-Stiftung, mit einer herzlichen Begrüßung und Ansprache, die ein wenig in die Materie einführte. Danach bestand der Abend aus einer abwechslungsreichen und meist interessanten Mischung. Dabei las die Schauspielerin Anne Schramm einige wunderbare Auszüge aus dem Buch, die das Gespräch der anderen drei Teilnehmer untermalten. Durch Sven Murmann, den Verleger des Buches, wurden einige Einblicke in die Entstehung gewonnen und durch Herrn Schön haben wir viel über die Geschichte, die das Werk erzählt, und über die persönlichen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Herrn Schildt erfahren. Erfrischend war die Ehrlichkeit der Anwesenden: Da wurde ganz offen zugegeben, dass Emil Possehl nicht wie der sympathischste Bürger wirkt, den unsere Stadt je erlebt hat. Das faszinierte mich jedoch nur noch mehr.

Das lockere Gespräch auf der Bühne wurde von einer sympathischen Moderation von dem Journalisten Andreas Borman umrahmt, die zu einer entspannten Atmosphäre beitrug. So konnten auch kleinere technische Schwierigkeiten den Abend kaum stören.

Eine Anekdote, die uns besonders im Max Schön und Andreas Bormann Gedächtnis geblieben ist, ist ein jahrzehntelang ungeöffneter Geld-
schrank im Keller der Stiftung. Während der Recherchen zum Buch wurde hierzu nämlich der Schlüssel gefunden. Und als das Geheimnis um den Inhalt endlich gelüftet wurde, war die Überraschung groß: ein sehr sehr alter Geldschein.

Insgesamt haben wir einen Einblick in die Entstehung des Buches gewonnen, ebenso wie über den Inhalt: Wer war Emil Possehl und was genau ist in den letzten 100 Jahren eigentlich mit seiner Stiftung passiert? Dabei soll ebenfalls auf nicht so rühmliche Episoden ihrer Geschichte eingegangen und nebenbei eine kleine Geschichte der Stadt Lübeck erzählt werden, die fest mit der der Stiftung verwoben ist.

Beim auf das Gespräch folgenden geselligen Beisammensein hatten wir noch die Gelegenheit, uns über Eindrücke auszutauschen und zu unterhalten.
Ich persönlich freue mich sehr darauf, das Buch zu lesen. Und das steht ganz im Kontrast dazu, was ich vor dieser Veranstaltung dachte.

Text: Rina
Fotos: Hangzhi
 

Kontakt

Possehl-Stiftung Lübeck
Beckergrube 38 – 52
23552 Lübeck
E-Mail: possehl-stiftung(at)possehl.de
Tel.: 0451 / 148-200

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